Können defekte Brackets in der Kieferorthopädie wiederverwendet werden?

Frage von Herrn R.:
Sehr geehrter Herr Dr. Weber,

bei meinem Sohn haben sich bereits mehrfach dir Brackets der festen Zahnspange gelöst. Dabei hat er streng darauf geachtet die Brackets nicht zu sehr zu beanspruchen.
Die Brackets müssen nun ersetzt werden. Dabei wurden uns diese Brackets wieder voll in Rechnung gestellt.
Meine Frage lautet: In wie weit kann ich hierbei ausschließen, dass das Lösen der Brackets nicht auf ein „Montagefehler“ oder auf den Kleber zurückzuführen ist. Besteht beim Anbringen der Brackets nicht eine gewisse Gewährleistung?
Ist es wirklich so schwierig Klebereste vom alten Bracket zu entfernen, so daß diese wiederverwendet werden können?

Für die Beantwortung bin ich Ihnen sehr dankbar.

Mit freundlichen Grüßen,

Antwort Dr. Weber:
Sehr geehrter Herr Rohr,
wenn irgendwo ein Schaden entsteht suchen wir alle gerne nach einem Schuldigen. Doch leider gibt es gelegentlich Situationen, die unerfreulich für alle Beteiligten sind. Die von Ihnen geschilderte Situation gehört scheinbar dazu.

Zunächst sind die Kleber in der Kieferorthopädie heute so eingestellt, dass bereits beim Verlassen der Praxis ca. 90% Endfestigkeit erreicht sind, 100% ca. nach einem Tag. Liegen echte Schwierigkeiten beim Kleben vor, so ist mit einem Verlust innerhalb der ersten 1-2 Tage zu rechnen.
Hierzu zählen beispielsweise Feuchtigkeit auf der Klebestelle oder ein besonders harter Zahnschmelz (manchmal bei Patienten die bereits vor der festen Zahnspange viel mit Gelee o.ä. fluoridiert haben). Ist dies der Fall lösen sich die Brackets jedoch meist schon auf dem Stuhl beim Einbinden der durchlaufenden Drahtbögen.

Innerhalb der ersten Tage reparieren wir meist ohne neue Brackets benutzen zu müssen.

Natürlich ist Ihr Sohn (nach dem Motto immer auf die Kleinen) der Hauptverdächtige, zumal ja bekannt ist, dass wir Männer (außer auf unser Auto) sowieso auf nichts achten. Wie schwer und ungerecht eine solche Schuldzuweisung ist vermag Ihnen ein Beispiel aus meiner Praxis deutlich zu machen.

Ausgerechnet bei einer Tochter eines Bankmitarbeiters meiner Hausbank kam es zu einer unerträglich hohen Anzahl von Reparaturen. Dabei kam niemand auf den Gedanken, dass das eher ruhige Mädchen mutwillig die Apparatur beschädigt. Zudem war bereits der ältere Bruder ohne größere Probleme durch seine Zeit mit fester Zahnspange hindurch. Und dies bei: gleichem Kleber, gleichen Brackets, gleichem häuslichen Umfeld und wesentlich robusterem Auftreten im Vergleich zu seiner Schwester. Bei dem Mädchen trat erst Ruhe ein als die Drahtstärke ein gewisses Maß erreicht hatte. Starke Drähte zur besseren Verteilung der Kaukraft auf mehrere Zähne sind jedoch anfangs technisch meist nicht möglich. So gehen wir mittlerweile davon aus, dass Knirschen, Pressen oder sonstige unbewußte Belastung zu der Vielzahl an Reparaturen geführt haben könnte, jedoch ohne dies letztlich vollständig beantwortet zu bekommen.

Die Wiederverwendungsmöglichkeit hängt an mehreren Faktoren. Grundsätzlich ist dies bei vielen Metallbrackets sicher möglich. Einschränkungen ergeben sich natürlich, wenn Teile des Brackets verbogen sind oder das Bracket technisch defekt ist. Kunststoffbrackets neigen zu solchen Deformationen oder Totaldefekt sehr viel leichter.
Klebereste zu Entfernen ist bei Metallbrackets mit entsprechender Unterseite sehr leicht und ebenfalls bei zahnfarbenen Brackets viel schwerer.

Ich hoffe alle Beteiligten haben zukünftig eine ruhigere Spangenzeit.
Viel Erfolg
Ihr
Dr. Joachim Weber

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