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Die Progenie ist die Vorverlagerung des Unterkiefers.

Was ist zu beachten bei einer Progenie mit 6 Jahren?

Frage von Herrn F.T.:

Meine Tochter (6J) hat einen Kreuzbiss im SZB,

Wir waren schon bei einem KFO, die ganze Zeit war von einem Quadhelix die Rede.
Nach ausführlicher Untersuchung und Abdrucknahme wurde eine Progene Tendenz ( Rechts1/2 PB, links>1/2Pb Distalokklusion, knapper Overjet) festgestellt und nun soll eine GNE mit einer festsitzenden transpalatinaler Apparatur vorgenommen werden. Nun habe ich Sorge, dass im späteren Verlauf eine Delairemaske zum Einsatz kommen soll. Ich, als Laie, frage nun, ob es auch eine andere Möglichkeit gibt.

Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
F. T.

Antwort Dr. Weber:

Sehr geehrter Herr T.,

sofern tatsächlich der Unterkiefer größer als der Oberkiefer ist, gibt es drei Hauptrichtungen der Behandlung:

1. Angleichen der Kiefergrößen während des Wachstums

Hier kommen verschiedene Apparaturen zum Einsatz, je nach Ausmaß der Fehlentwicklung: Gaumennahterweiterung in Verbindung mit einer Delairemaske, Fränkel III Apparaturen bei frühem Beginn und geringerem Ausmaß.

Die Quadhelix hat in unseren Händen bisher nicht so gut funktioniert, da es häufig eher zu Zahnkippung kam, als zur knöchernen Wirkung. Wichtig ist auf diesem Weg, dass der Erfolg früh und schnell erreicht wird, damit Patientin und Eltern nicht durch eine Langzeitbehandlung überfordert werden. Beachten Sie bitte, dass viele der hier angewanden Apparaturen Druck auf die Wachstumszonen des Unterkiefers erzeugen. Eine Voruntersuchung der Kiefergelenke ist daher sehr zu empfehlen. (siehe auch unser Skript zur Mittellinienverschiebung).V

2. Ausgleich des Fehlbisses über Zahnbewegung

Dies ist meist erst im fortgeschrittenen Zahnwechsel circa ab dem 11-12 Lebensjahr möglich. Oft ist hier nur ein Kompromissergebniss erzielbar, insbesondere wenn der Fehlbiss relativ groß ist. Zudem werden manchmal zur optischen Kaschierung des knöchernen Problems Zähne gezogen ohne dass das ursächliche Knochenproblem damit gelöst wird. Oder es sind Implantatplättchen erforderlich, damit noch ausreichende Wirkung am Knochen erzielt werden kann.

3. Ausgleich über chirurgische Massnahmen

Im ausgewachsenen Gesichtsschädel werden die Kieferknochen durch einen operativen Eingriff einander angeglichen. Bei diesem Weg liegt ein Vorteil in der Tatsache, dass in einem kleineren Zeitfenster alle Aufgaben zeitgleich gelöst werden.

Unabhängig von diesen drei Wegen ist zu bedenken, dass in Europa häufig eher eine „Pseudoprogenie“ vorliegt. Das heißt der Oberkiefer ist kleiner als der Unterkiefer. Damit können auch erhebliche Probleme in der Nasenatmung vorliegen. Ob das Hinzuziehen eines Hals-, Nasen- Ohrenarztes ( am besten mit Spezialsierung im Fachgebiet Schlafmedizin für Kinder) für Ihre Tochter sinnvoll ist, können Sie mit dem kinderärztlichen Fragebogen auf unserem Flyer abschätzen.

Viele liebe Grüße
Ihr
Dr. Joachim Weber